Den “inneren Raum” nutzen für kreative Lösungen

Den “inneren Raum” nutzen für kreative Lösungen

Alnatura - neue Räume

Neue Räume für Neues Arbeiten in der Alnatura-Zentrale in Darmstadt                                                          (Fotos: Anke Sauer-Fresen)

Am 5. Juni war ich mit dem Institut für Sozialorganik der Alanus Hochschule zu Gast in der neuen Firmenzentrale von Alnatura in Darmstadt. Im Rahmen der Sozialorganischen Werkstatt sollten die Teilnehmer in einer Inspirationsübung aus der Mental Space Psychology auch ihren “inneren Raum” kennen lernen.

Das Thema des Tages: “Neue Räume für Neues Arbeiten”. Zu Gast beim Hausherrn Prof. G. Rehn, Inhaber und Gestalter dieser konsequent am Unternehmens-Sinn ausgerichteten Architektur. Meine Bilder zeigen einige der ungewöhnlichen Ein- und Ausblicke in diesem innovativen Gebäude. Ein Besuch, auch des öffentlichen Restaurants “tibits” – ist definitiv einen Umweg wert!

Neue Arbeitsformen, flache Hierarchien, agile Teams –  für mich bleibt der einzelne Mensch der wichtigste Faktor für reibungslose Prozesse und kreative Innovationen – bei aller Begeisterung für neue Organisationsformen. Wenn der Mensch sein Potential nicht leben kann, bleibt er unter seinen Möglichkeiten und im schlimmsten Fall kann die Gesundheit Schaden nehmen.  Zunehmend halten daher nun auch Entspannungstechniken und Achtsamkeit Einzug in kleine und große Unternehmen. Menschen wünschen sich weniger Hektik und neue Anregungen, wie sie persönlich die verschiedenen Anforderungen in ihrem Leben „unter einen Hut“ bekommen. Schlagworte wie „Selbstführung“, „von innen heraus Lösungen finden“ und „der Intuition folgen“ sind immer öfter zu hören, wenn es um den tieferen Sinn einer unternehmerischen Tätigkeit geht.

Mich interessiert, wie wir Erkenntnisse aus der modernen Neurowissenschaft im beruflichen Umfeld für eben diese Selbstführung und Intuition nutzen können. So erforscht z.B. die Mental Space Psychology1, dass wir nicht nur Entfernungen, sondern auch unsere Beziehungen und Vorstellungen von der Realität dreidimensional im “inneren Raum” abbilden und dass Bewegung im Raum auch Perspektivwechsel bedeuten kann. Wie lassen sich diese Einsichten bei Kommunikationsproblemen in Teams und Projekten nutzen? Und bitte, ohne gleich in die „esoterische Ecke“ zu geraten.

Ich teile hier zwei Beispiele, die ich ausprobiert habe, um diese neuen Ansätze im Arbeitsleben stärker etablieren zu können und damit festgefahrene Situationen lösen zu helfen.

Im Mental Space “sprachlos” neue Lösungen finden

Tannenbusch House, Bonn. Der Strategie-Tag des jungen selbst-organisierten internationalen Kulturzentrums steht an. Nach einer kurzen Atemmeditation zum Ankommen machen die Teilnehmer die erste bewusste Erfahrung mit dem inneren Raum. Zur Übung rufen sie mit geschlossenen Augen einen schönen Moment, z.B. aus dem Urlaub auf und machen die Erfahrung, dass sie im abgespeicherten angenehmen Bild Entspannung finden. Sie lernen, wie sie das Bild verändern und so noch weiter verbessern können. Die Teilnehmer verweilen mit achtsamer Anleitung in dem Moment, können zur Ruhe kommen und sich auf das gemeinsame Arbeiten vorbereiten.

Dann kommt die eigentliche Übung für kreative neue Antworten. Die Teilnehmer werden den vorhandenen Raum kreativ zum Thema des Projekt-Tages nutzen. Sie wünschen sich eine gute Zusammenarbeit und möchten neue Ideen besprechen. Bei der ehrenamtlichen Arbeit ist Motivation von innen gefragt. Für die kreative Nutzung des Raumes kann in diesem Fall neben den Innenräumen auch das Außengelände genutzt werden. Aus dem vorbereiteten Zustand der ersten Übung heraus werden die Teilnehmer angeleitet, sich eine bestimmte, frei gewählte Problem-Situation aus dem Team-Umfeld vor Augen zu führen. Eventuell gab es auch einen Konflikt oder ein persönliches Ärgernis. Danach bekommen sie die Aufgabe, an verschiedenen Stellen im Haus und auf dem Gelände zu genau dieser Problem-Situation wieder Kontakt aufzunehmen und zu erforschen, welche neuen Perspektiven sich ihnen an den verschiedenen Stellen im Raum zeigen.

Der einzelne Teilnehmer bekommt auch individuelle Entlastung für „sein Problem“. Sogar ohne darüber reden zu müssen, da sich ihm neue Ideen „von innen heraus“ zeigen. Im interkulturellen Team bietet die Übung den Vorteil, dass keine Beeinflussung durch den Trainer oder Projektleiter durch Sprache stattfindet, da die Teilnehmer alleine arbeiten und bei sich bleiben.

Zum Perspektivwechsel kommt der Positionswechsel

Der bekannte „Perspektivwechsel“ wird bei diesem Vorgehen von einem räumlichen Positionswechsel unterstützt. Die Teilnehmer folgen ihrer Intuition und lassen sich jeweils vom nächsten Ort „anziehen“ und „öffnen“ sich dort für die spezifische Inspiration an dem gewählten Ort. Sie entdecken, dass sie Bewegung im Raum intuitiv für neue Antworten nutzen. Nicht nur hier gilt, dass der „Problemraum“ nicht der „Lösungsraum“ sein kann und dass Bewegung im Raum auch den Zugang zum Problem erweitert. Die Position kann sich verändern – im besten Sinne des Wortes!

Die Rhythmisierung zwischen Teamarbeit und Einzelarbeit ist ein weiterer Vorteil dieser ruhigen nach innen gerichteten Übung. Antriebsschwächere Tageszeiten können optimal genutzt werden. Die neuen Inspirationen können anschließend im Team eingebracht werden, oder auf Metaplan-Karten an der Wand zusammengetragen und mit bekannten Methoden bearbeitet werden. Wenn der Mitarbeiter nicht darüber sprechen möchte, kann er/sie die gewonnenen Einsichten im Laufe der Zeit in die Arbeit einfließen lassen.

Der persönliche mentale 360°-Raum

Kreativ gestaltete Räume bieten natürlich das ideale Experimentierfeld für Übungen mit dem „mentalen Raum“, sind aber nicht Voraussetzung. Der Gründer von Alnatura hat mit der neuen Zentrale in Darmstadt ein baubiologisch und architektonisch bemerkenswertes Gebäude und Außengelände geschaffen. Im Rahmen der sozialorganischen Werkstatt am 5.6.19 konnten die Teilnehmer nach der inhaltlichen Arbeit des Tages dort auch ihren inneren, mentalen Raum erforschen. Zu Beginn der “Reise nach innen” war mir auch hier wieder eine achtsame Anleitung wichtig.

Bei einer Vorübung mit dem Mental Space lernten die Teilnehmer in diesem Beispiel einmal ihren persönlichen 360°-Raum kennen und konstruktiv nutzen. Die Erfahrung, dass die inneren Bilder, mit denen wir unsere Realität abbilden, verändert werden können, ist zumeist eine ungewohnte Erfahrung mit Überraschungseffekt. Auch in der 360°-Übung lernen die Teilnehmer, dass sie Macht über ihre inneren Bilder haben und diese verbessern können. Wieder mit positivem Effekt auf ihr Wohlbefinden!

Ungewöhnliche Räume inspirieren neue Perspektiven

Im Gebäude mit verschieden gestalteten Teil-Räumen erfolgte nun die weiterführende Kreativitätsübung. Den angebotenen Raum der Eingangshalle und Bürowelten nach der Gruppenführung noch einmal für sich selbst zu erforschen und auf außergewöhnliche Weise wahrzunehmen, war für die Teilnehmer eine verlockende Vorstellung. Wieder war die Aufgabe, im Kontakt mit ihrem frei gewählten Thema zu bleiben und sich dabei von spürbar unterschiedlichen „Energien“ im Raum leiten zu lassen. Besonders kraftvoll wurde z.B. der alte Birnbaum im Foyer empfunden (siehe linkes Foto). Die Übung wird schweigend und ohne Kontakt zu den anderen Teilnehmern durchgeführt, jeder ist “bei sich”. Ca 20 Minuten reichten aus, um bis zu drei Punkte im Gebäude intuitiv aufzusuchen und dort jeweils neue Antworten auf alte Fragen “einzusammeln”.

Nach der beSINNlichen Arbeit war es dann höchste Zeit, sich über die neuen Erfahrungen in der abschließenden Feedback-Runde auszutauschen. Wird die Übung im Unternehmen im Projekt-Team angewendet, werden die neugewonnenen Perspektiven direkt in die gemeinsame Arbeit eingebracht.

Fazit:

  • Techniken zur Öffnung der Wahrnehmung verbunden mit Positionswechsel lassen sich auch mit Gruppen zur Problemlösung einsetzen.

  • Die Technik ist leicht erlernbar und auch im Alltag gut nutzbar.

  • Eine Tageszeit, zu der Konzentration nur schwer möglich ist, kann für lösungsorientiertes Arbeiten genutzt werden.

  • In internationalen oder neu zusammengestellten Teams ist die Übung sehr gut geeignet, da sprachliche und/oder kulturelle Verschiedenheiten keine Rolle spielen.

  • Die Übung kann ein erster Zugang zu Themen wie Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung sein.

Bei Fragen oder weiterführendem Interesse an Übungen mit dem “Mental Space” sprechen Sie mich gerne an.

 

Anke Sauer-Fresen, Power & Potential, Bonn
Veränderungsarbeit mit dem mentalen Raum
Coaching-Schwerpunkte: Persönlichkeitsentwicklung, Weibliche Stärke für innere Führung, Achtsamkeit im (Natur-)Raum, Energiearbeit

Kontakt über
www.power-potential.de / Winzerstr. 37 / 53129 Bonn / 0171-5400326

 

 

Weiterführende Links:

  1. Lucas Derks, Mental Space Psychology
    Die aus der humanistischen Psychologie entstandene Mental Space Psychology beschäftigt sich mit der menschlichen Raumwahrnehmung und ihren Implikationen für persönliche Veränderung und Entwicklung.
  2. Konrad Lehmann, 9.7.2015, „Unser Gehirn kartiert auch Beziehungen räumlich“
    aus: https://www.heise.de/tp/features/Unser-Gehirn-kartiert-auch-Beziehungen-raeumlich-3374315.html
    „Es könnte damit erklärlich werden, wie die Langzeitgedächtnisbildung auf räumlicher Verarbeitung aufbaut. Unsere Erinnerung wäre so etwas wie ein internalisierter Raum. Vielleicht spiegeln Mnemotechniken, bei denen Gedächtnisinhalte an bestimmten Stellen einer vorgestellten Umgebung platziert werden, diese innere Struktur der Erinnerung.
    Die New Yorker Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass der Hippokampus seine Raumrepräsentation dem Gehirn auch für noch ganz andere Denkprozesse zur Verfügung stellt. Auch unsere soziale Umwelt konstruieren wir räumlich. Die Dimensionen des Raumes sind, so scheint es, tatsächlich ein Grundmuster unseres Denkens. (Konrad Lehmann) „